Der städtische Schlachthof in Euskirchen

Bauliche Pracht für einen profanen Zweck

Gabriele Harzheim
 

Die Entwicklung Euskirchens zu einem bedeutenden gewerblichen und administrativen Zentrum der Region machte 1903 den Bau eines städtischen Schlachthofs notwendig. Bis heute imponiert der Gebäudekomplex in der Erftstraße durch seine bauliche Erscheinung.

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts begann sich die Stadt Euskirchen an der Erft zu einer wichtigen Gewerbe- und Industriestadt in der Region zu entwickeln. Vor allem die Textilindustrie beherrschte um 1900 das städtische Wirtschaftsleben (Links zum Industriemusuem Tuchfabrik Müller). Doch auch die Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte spielte zunehmend eine Rolle. Deutlich wird dies an der 1878 gebauten und bis heute produzierenden Zuckerfabrik und an der inzwischen stillgelegten Großmolkerei von 1899 im Ortsteil Kuchenheim.
Euskirchen liegt in der fruchtbaren Zülpicher Börde, in der heute überwiegend Ackerbau betrieben wird. Allerdings reicht der Kreis Euskirchen und damit das Einzugsgebiet der Stadt weit in die Eifel hinein. Auf den Höhen des Eifelvorlandes und der Eifel war die Viehhaltung seit alters her ein wichtiges Standbein der Landwirtschaft. Dagegen hielt man in den Dörfern der Börde meist nur wenig Rindvieh. Bis zum Zweiten Weltkieg war hier das Vieh in der Regel das ganze Jahr über aufgestallt. Es wurde im Sommer mit frischem Grünschnitt, im Winter meist mit Heu, Futterstroh und Rüben gefüttert. Daneben hielt man Schweine für den Eigenbedarf und als Nebeneinkommen.
Das starke Wachstum der Stadt und das umfangreiche Einzugsgebiet veranlassten die Stadtverwaltung um 1900, sich nach einem geeigneten Gelände für einen geplanten städtischen Schlachthof umzusehen. Von der Infrastruktur her bot sich ein Standort in der Nähe der Kreis- bzw. Staatsbahn an. Letztlich entschied man sich für ein Gelände in der Nähe der Erft im Norden der Stadt. Mit der Planung wurde der Düsseldorfer Dipl. Ing. Hermann Ehlert beauftragt, der die Bauleitung dem örtlichen Architekten Eduard Billiger übertrug. Die Ausführung der Baumaßnahme erfolgte überwiegend durch einheimische Handwerker und Firmen. 1903 konnte der Schlachthof an der Erftstraße seinen Betrieb aufnehmen. Für die 23 Euskirchener Metzger verbesserten sich dadurch die Arbeitsbedingungen beträchtlich. Die maschinelle Ausstattung sorgte für eine nach damaligen Verhältnissen hygienische und schnelle Schlachtung und Verarbeitung des Fleisches. Der Schlachthof verfügte über Ställe, Brühbottiche, Enthaarungstische, Wartebuchten für Schweine usw. Der Transport der geschlachteten Tiere bzw. des Fleisches erfolgte über eine patentierte, eingleisige Hochbahn sowie Flaschenzüge, Laufkatzen, Patentschlachtspreizen und Transportgleise. Ein Eisgenerator sorgte für die Erzeugung von stündlich 125 kg Eis. Den Metzgern standen diverse Kühlräume zur Verfügung. Außerdem besaß der Schlachthof eine eigene "künstliche Beleuchtung", die über einen Gasmotor mit Dynamo betrieben wurde.
Bis heute erfüllt der Schlachthof - er wurde inzwischen privatisiert - seine Bestimmung, allerdings mit einer den heutigen Ansprüchen genügenden Einrichtung. Beeindruckend bleibt die unter Denkmalschutz stehende, romanisierende Architektur: Der aus Backstein errichtete Hallenkomplex besitzt zur Straßenseite einen an einen Burgturm erinnernden Wasserturm, der durch Rundbogen und Rundfenster, Blendfelder und Eckaufsätze gegliedert ist. Die sich nach hinten anschließenden Hallen haben ein Bruchsteinsockelgeschoss mit bogigen Einfahrten. Diese verspielte, historisierende Architektur lässt den Bestimmungszweck der Anlage kaum vermuten.
 

Lage:
Der Schlachthofkomplex befindet sich an der Erftstraße (Nr. 69) in Euskirchen.
Anfahrt:
Autobahn A1 bis Anschlussstelle Euskirchen; die Frauenberger Straße nach Euskirchen, in der Stadt den Jülicher Ring Richtung Bonn; links in die Erftstraße
Besichtigung:
Nur von der Straßenseite aus einsehbar

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