Die Tuchfabrik Müller in Euskirchen
Fabrikwelt der Jahrhundertwende
Detlef Stender
Fast überall in der Euregio ist die einst bedeutende Tuchproduktion eingestellt. Um so schöner ist es, dass in Euskirchen-Kuchenheim noch ein Betrieb auf dem technischen Stand von 1900 vom Landschaftsverband Rheinland als Museum wieder in Betrieb gesetzt worden ist und als Museum zu besichtigen ist.
1894 erstand Ludwig Müller eine knapp hundert Jahre alte Papiermühle und richtete dort in den nächsten Jahren eine komplett neue Volltuchfabrik ein: ein Unternehmen, das alle Fabrikationsschritte unter einem Dach versammelt, die nötig sind, um aus Wolle Tuch herzustellen. Seit der Firmengründung stellte man - und das ist typisch für die Euskirchener Tuchindustrie - hauptsächlich Lodenstoffe und Uniformtuche her. Bis 1961 wurde mit der Dampfmaschine und den alten Maschinen produziert. Dann musste Kurt Müller den Betrieb einstellen, weil er nicht mehr genug Aufträge hatte.
Das ungewöhnliche Konzept des Rheinischen Industriemuseums ermöglicht es, dass wir heute diesen kompletten Fabrikkosmos besichtigen können, so wie er seit 1961 unberührt der Nachwelt überliefert wurde. Statt eine neue Sammlung zusammenzutragen, hat das Museum in Kuchenheim die ganze Fabrik denkmalgerecht wiederhergerichtet, die Maschinen mit großem Aufwand liebevoll restauriert. und die ganze Fabrik für die Besucher erschlossen und erläutert. Die Museumsfachleute des Landschaftsverband Rheinland haben sogar die wichtigsten Maschinen wieder zum laufen gebracht: die Dampfmaschine, einen Krempelsatz, einen Selfaktor, eine Kettschärmaschine und vier Webstühle. Produziert werden dort Wolldecken und Anzugstoff, aus dem man sich in Euskirchen ein Sakkos auf den Leib schneidern lassen kann. Sogar das ehemalige Kontor und das Tuchlager sehen noch so aus, als wäre die Fabrik gerade geschlossen worden.
Das lebensnahe und in seiner Art einzigartige Fabrikensemble wird ergänzt durch eine Auftakt-Ausstellung im Neubau, die alle Mögliche rund um die Tuchfabrik Müller erzählt: Woher kommt die Wolle? Was für Farbstoffe verwandte man? Wie kommen die Muster in das Tuch? Was wird aus den Wollstoffen gemacht? Und in den ehemaligen, eher bescheidenen Wohnräumen der Unternehmerfamilie ist eine kleine Ausstellung zum Aufstieg und Niedergang der rheinischen Tuchindustrie zu entdecken. Einen angenehmen Ausklang findet der ungewöhnliche Fabrik- und Museumsbesuch in der lichten Cafeteria des Museums.
Lage:
Kuchenheim, an der Bundestraße zwischen Rheinbach und Euskirchen, in Kuchenheim ausgeschildert
Adresse:
Landschaftsverband Rheinland, Rheinisches Industriemuseum
Carl-Koenen-Straße
53881 Euskirchen-Kuchenheim
Tel. 02251/1488-122
www.rim.lvr.de
Öffnungszeiten:
Di-So 10-17 Uhr
Führungen:
Di-Sa 11, 14, 15, 16 Uhr, So 11-16 jede volle Stunde
Gruppen nach Anmeldung
zum letzten Denkmal: Weberdorf Roetgen | zum nächsten Denkmal: Tuchfabrik Ruhr-Lückerath |