Das Talbot-Werk in Aachen

Eisenbahnwagen für Europa

Gabriele Harzheim

Die Firma Pauwels & Talbot in Aachen war eine der ersten deutschen Fabriken, die Eisenbahnwaggons produzierte. Bis heute verlassen Güter- und Personenwagen für den Schienenverkehr das traditionsreiche Werk.

 Eingangsbereich des Verwaltungsgebäudes

Als Johann Hugo Jakob Talbot und sein Geschäftspartner Pierre Pauwels 1838 in Aachen eine Eisenbahnwagen-Fabrik gründeten, hatten sie die Zeichen der Zeit richtig erkannt. Gerade mal drei Jahre vorher war die erste Eisenbahnstrecke auf deutschem Boden von Nürnberg nach Fürth eröffnet worden. Auch die Planungen für den Bau der Strecke von Köln über Aachen nach Belgien machten Fortschritte. Am 26. Juni des genannten Jahres erhielt die junge Firma Pauwels & Talbot den Zuschlag für den Bau von mindestens 200 Personen- und Güterwagen, die innerhalb von vier Jahren geliefert werden mussten. Um den Auftrag abwickeln zu können, errichtete die Gründer im Eilverfahren eine Fabrik an der heutigen Wilhelmstraße.

Von der Ausbildung und den Kenntnissen her war Pauwels, ein Wagenbauer aus Brüssel, der eigentliche Fachmann in der Branche. Talbot, der aus einer ehemals limburgischen Familie stammte, hatte ursprünglich Marmorschleiferei betrieben. Die Geschäfte gingen gut, zumal man als neuen Kunden auch die Badische Staatsbahn gewinnen konnte. 1842 wurde in Heidelberg ein Zweigwerk gegründet. Bereits 1843 beschäftigten beide Werke 447 Arbeiter. Der um die Mitte des 19. Jahrhunderts einsetzende Eisenbahnboom brachte eine Verknappung des Rohstoffs Eisen mit sich. Daher gründete Johann Talbot 1845 zusammen mit dem Lütticher Dampfkesselfabrikanten Jacques Piedboeuf und anderen Interessenten das Walz- und Hammerwerk Piedboeuf & Cie. auf dem Landgut Rothe Erde an der Stadtgrenze zu Aachen (Verweis auf Standort). Die Waggonfabrik wurde in die Gegend des Kölner Tors verlegt. Nach dem Tod von Johann Talbot 1850 übernahmen seine Söhne als Gesellschafter die Firma, die seit 1866 als reines Familienunternehmen existierte.

 Der Talbot-Selbstentlader

Eine der wichtigsten Neuentwicklungen war der "Talbot-Selbstentlader" von 1891, der Schüttgut beiderseits der Schienen automatisch entladen konnte. Bis heute macht dieser Wagentyp in seiner technisch weiterentwickelten Form einen wichtigen Teil der Produktion aus. Noch vor der Jahrhundertwende zog der Betrieb wieder um, diesmal an die Jülicher Straße mit unmittelbarem Bahnanschluss im Aachener Norden, wo die Firma auch heute noch produziert. 1922 wurde das neue Verwaltungsgebäude im neoklassizistischem Stil bezogen. Trotz einiger Krisen nach dem Ersten Weltkrieg unterstützte das Werk 1931 die Gründung einer betrieblichen Siedlungsgemeinschaft, die in den nächsten Jahren mehr als 100 Wohnungen errichtete. Noch heute ist ein Teil der Talbot-Siedlung als geschlossener Block mit interessanter Architektur gegenüber der Firma südlich der Jülicher Straße erhalten.

Inzwischen ist Talbot zur Unternehmensgruppe Bombardier Transportation Talbot zusammengeschlossen und nimmt einen führenden Rang innerhalb der deutschen Waggonindustrie ein.

Adresse:
Bombardier Transportation Talbot
Jülicher Str. 213-237
52070 Aachen
Besichtigung:
Werksführungen sind nicht möglich;
Besichtigung der Gebäude von der Jülicher Straße aus

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