Die römische Kalkmanufaktur in Iversheim
Der Himmel hält!
Detlef Stender
"Die antiken Steinbrüche liegen gleich oberhalb der Werkhalle. Da werden die Dolomitbänke geknackt, die Blöcke mit schweren Stangen herausgebrochen. Der Stein bricht gut, aber die Arbeit ist hart. Sobald das Rohgestein von hinten in die Werkhalle kommt, können die Öfen beschickt werden.
Über der Lehrverschalung wird der Himmel aus einzelnen parallelen Bögen gesetzt. Es ist ein freitragendes Gewölbe aus unbehauenem Dolomit. Nur der Druck der einzelnen Steine schließt und festigt die Fugen. Nun wird der Ofen mit Steinen vollgeschüttet. 25 Tonnen Steine trägt nun der Himmel. Er muss sie halten und er hält sie, wenn er richtig gesetzt ist. Er hält sie sogar, wenn unter ihm die Hölle los ist."
So anschaulich und dramatisch hat der Archäologe Walter Sölter die Arbeit der römischen Soldaten für uns rekonstruiert. Der Dolomit ist der Kalkstein, die "Hölle", das ist das Feuer, das unter dem Kalk für den Brennvorgang entfacht werden muss.
In Iversheim wurden drei Generationen von Kalköfenfragmenten übereinander gefunden. Die erste Schicht stammt aus dem 1. Jahrhundert nach Christus. Die zweite Schicht mit vier Öfen wurde vermutlich im Jahr 276 beim Einfall der Franken zerstört und überstürzt verlassen. Ein Ofen enthielt sogar noch eine Füllung. Kurz danach wurden die Öfen aber wieder aufgebaut und bis etwa 300 nach Christi betrieben. In der Tonschicht eines Ofens sind sogar noch die Hand- und Fingerabdrücke eines Bauarbeiters eingebrannt.
Die Konstruktion der Öfen weicht etwas von der später üblichen Technik ab. Es bestanden erhebliche Zweifel, ob denn so ein Ofen überhaupt Kalk brennen könne. Doch ein Brennversuch, den die Archäologen in einem rekonstruierten Ofen durchgeführt haben, hat gezeigt: Es funktioniert sehr gut. Der Probebrand dauerte sechs bis sieben Tage und verlangte 60 Raummeter Holz. Bei 1050 Grad wurde der Kalk gut ‚gar'. Der "Himmel" glühte zwischen hellrot-orange. Doch er hielt! Der Brennversuch gab auch Aufschlüsse über die Produktionskapazität dieser außerordentlich großen Anlage mit sechs Öfen, die gleichzeitig betrieben wurden: Die ausgegrabene Manufaktur produzierte im Monat ca. 200 Tonnen Kalk. Da die Spezialisten aber wissen, dass im Raum Iversheim noch drei weitere Brennereien etwa gleichen Umfangs unter der Erde schlummern, und da sie vermuten, dass insgesamt etwa 10 bis 12 solcher Kalkmanufakturen dort bestanden, ist von der beachtlichen Jahresleitung von ca. 24.000 Tonnen auszugehen.
Der römische Kalk wurde an viele Baustellen in Niedergermanien, für neue Gebäude, für den Limes und für den Straßenbau verwandt.
Drei der sechs Öfen wurden vom Landschaftsverband Rheinland mit einem Schutzbau versehen und sind im Original, also ohne jede Rekonstruktion - allerdings nur zu bestimmten Zeiten mit einer Führung - zu besichtigen. Einzig der für den Probebrand rekonstruierte Ofen ist jederzeit zugänglich - und natürlich auch der stattliche Steinbruch oberhalb der Öfen.
Öffnungszeiten:
Sa., So. und Feiertags 1. Mai bis 31. Oktober 11-17 Uhr, Tel. 0 22 53 / 80 27
Lage:
Unmittelbar an der B 51 nördlich von Iversheim (zwischen Bad Münstereifel und Euskirchen). Die Kalkbrennerei ist gut ausgeschildert. Parkplatz direkt an der Brennerei. Der Steinbruch liegt am Hang etwa 100 m nördlich, leicht oberhalb der Öfen. Man nimmt zum Bruch den kleinen Fußweg in Verlängerung der Anfahrt zum Parkplatz, an der Verzweigung halb rechts abbiegen.
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