"Die Zikkurat" in Firmenich

Babylon in alter Steinzeugfabrik

Detlef Stender

Die Zikkurat ist gemeinhin der Name eines in verschiedenen Terrassenstufen gegliederten Hochtempels in Babylonien. Auch der "Turm zu Babel" war eine Zikkurat. In der Nähe von Euskirchen steht "Die Zikkurat" für die höchst kreative Umnutzung einer ehemaligen Steinzeugfabrik für kulturelle und kommerzielle Zwecke.

Das erste Produkt der 1882 gegründeten Firma Alphons Custodis in Firmenich waren feuerfeste Steine für den Ofenbau aus dem Ton der nahegelegen Gruben. Nach dem Ersten Weltkrieg kamen Steine für Bau von Talsperren und Steinzeug hinzu. 1930 übernahm die Firma Wolf aus Frechen den Betrieb und stellte fortan Steinzeug-Röhren her. Die Anlagen wurden durch einen Brand 1938 weitgehend zerstört, aber sofort wieder aufgebaut. Bis Mitte der 60er Jahre florierte die Steinzeugherstellung, wurde dann aber von Sonderanfertigungen für den Kanalbau und für die Landwirtschaft abgelöst. In den 70er Jahren kamen salzglasierte Steinzeugplatten und Ofenkacheln ins Programm. Inzwischen findet die Steinzeugproduktion in einem anderen Werk statt.

Im Erdgeschoss werden zwar noch handgefertigte Kacheln hergestellt, die beiden darüber liegenden Geschosse sind jedoch bis auf die tragenden Säulen weitgehend entkernt und sanft saniert. Der kunstsinnige Unternehmer Johann Josef Wolf hat ein ganz eigenes Konzept für die Nutzung seiner Fabrikräume entwickelt: Im ersten Geschoss sind verschiedene kunstgewerbliche Betriebe und Händler mit Ausstellungsräumen vertreten. Die großzügigen Lofts im Obergeschoss mit natürlicher Dachfenster-Beleuchtung sind Künstlern vorbehalten, die hier ihre Ateliers einrichten.

Die Fabrikarchitektur wird inzwischen sanft übergrünt. Skulpturen aus Ton und Ziegeln schmücken das Außengelände. Die Basis des Schornsteins und die schöne Villa (auf der linken Seite des großen Gebäudekomplexes mit 19.000 m2 Nutzfläche) künden noch von den profanen Anfängen der Fabrik.

Die Zikkurat ist heute zudem ein profilierter Veranstaltungsort für hochklassige Konzerte und Kulturveranstaltungen (Jazz, Klassik, Kabarett etc.) und bietet seine großzügigen Räumlichkeiten auch externen Veranstaltern an. Im Erdgeschoss wurde eine große Halle für bis zu 3000 Besucher hochmodern hergerichtet. Hier finden - unter dem Namen Babylon - am Wochenende Musik-Events für Jugendliche statt. Aber das Konzept der Zikkurat umfasst daneben auch Angebote für die Besucher der Region für das ganze Wochenende. Von der Beach-Sport-Anlage, über den Biergarten bis hin zu Kinderprogrammen ist an alles gedacht. Im Moment wird sogar an der Einrichtung eines Erlebnisbades auf dem Zikkurat-Gelände gearbeitet.

Die Philosophie von Johann Josef Wolf für sein Industriegebäude ist wahrlich ungewöhnlich aber sympathisch: "Die Zikkurat ist ein Ort der Begegnungen; nicht nur für eingeweihte Kunstkenner, sondern für alle aufgeschlossenen Menschen, die sich einen Sinn für die schönen Dinge des Lebens bewahrt haben. Unter Zikkurat verstehe ich einen Mikrokosmos, in dem sich bildende Kunst, Musik, Sport, Gastronomie, Veranstaltungen sowie Einkaufsmöglichkeiten auf ganz besondere Art präsentieren." Offenbar gelingt in Firmenich die Vereinigung der Kräfte aus verschiedenen Welten besser als beim Turm zu Babel.

Adresse:
Virnicher Strasse, 53894 Mechernich
www.zikkurat.de, Tel. 02256/958380, info@zikkurat.de
Lage:
Firmenich südwestlich von Euskirchen. Das Zikkurat ist von der B 266 ausgeschildert

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