Handwerkliche Tuchherstellung in Münstereifel

"... ein Drittel der Einwohner Tuchmacher"

Detlef Stender

Dort, wo heute die Touristen schlendern, blühte vor Jahrhunderten ein stattlicher Markt- und Wollweberort. Bereits 1339 verlieh der Stadtherr den Wolltuchwebern das Privileg, ihre Produkte entsprechend dem Kölner Recht herzustellen, zu siegeln und zu verkaufen.

Es ist davon auszugehen, dass bereits vor dieser ersten schriftlichen Erwähnung eine rege Produktion bestanden haben muss. Denn diese Präzisierung der Rechte diente vor allem der Schaffung eines einheitlichen Qualitätsstandards für den Fernhandel. Die eigentliche Zunftgründung erfolgte 1411. Ein Ausdruck der blühenden Wollweberei und der Stärke ihrer Organisation ist das im 14. Jahrhundert errichtete Gewandhaus (der rechte Teil des späteren Rathauses), das den Mittelpunkt des Wollwebergewerbes bildete. In der offenen Halle stand eine Waage - dort wurde das Tuch geprüft und auch verkauft. Vom Reichtum und dem Wohlstand der Wollweber künden auch einige stattliche und reich verzierte Häuser mit geräumigen Erdgeschossen, die als Verkaufsräume dienten, und überkragenden Dachgeschossen zum ein- und ausbringen von Ware. Besonders repräsentativ ist das Windeckhaus in der Orchheimer Straße 23, aber auch etliche andere Häuser in der Umgegend dienten früher Wollwebern als Wohn- und Arbeitshaus. Im Heimatmuseum ist ein Raum der Wollweberei gewidmet, in dem man die Zunftlade aus dem 17. Jahrhundert, die Fahne der Wollweberzunft, Siegel und Siegelwerkzeug neben einem Webstuhl aus der Zeit um 1700 besichtigen kann.

Zum Waschen der Wolle und zum Walken des Tuchs verwandte man unter anderen Urin. Der Urin wurde im heute noch erhaltenen Secktürmchen gehortet. Der Seckhannes sammelte den kostbaren Urin bei den Bürgern ein. Und damit kein Tropfen vergeudet wurde, war der Turm auch mit einem Pissoir ausgestattet. Runde Fensterlöcher dienten der Entlüftung.

Nach einer Blütezeit im 18. Jahrhundert kam die Auflösung der Zunft 1794 durch die Franzosen und es begann der langsame Niedergang der zünftigen und handwerklichen Wolltuchherstellung in Münstereifel. Die Wollweber verloren nun zunehmend den Anschluss an die neue Zeit. So klagt die Stadtchronik schon 1819: Die ehemals reichen Wollenweber seinen nun "arme Leute, ohne Arbeit und Absatz, weil sie die durch ihre Hände Arbeit hergestellten Tücher nicht so billig feilbieten können wie die durch Maschinen zubereiteten." Natürlich hätte man auch in Münstereifel Maschinen anschaffen und Fabriken bauen können. Aber die abseitige Lage ohne Bahnanschluss - dieser kam erst 1890 als der Niedergang der Wollweberei bereits besiegelt war - ließ ein solches Unternehmen nicht gerade verlockend erscheinen.

Adresse:
Hürten-Heimatmuseum
Langenhecke 6
53902 Bad Münstereifel
Tel. 02253/8027

Öffnungszeiten:
Di-Fr 9-12, Mi zusätzlich 14-16, Sa, So 13-16 Uhr
Anfahrt:
Das ehemalige Gewandhaus (später Rathaus): vom zentralen Marktplatz in die Marktstraße einbiegen - das rote Gebäude ist unverkennbar (ausgeschildert, am Klosterplatz).

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