Das Rote Haus in Monschau

Globaler Tuchhandel

Detlef Stender

"Kein Zweifel: Johann Heinrich Scheibler wollte mit dem Roten Haus seinen Gewerbefleiß, seine Erfolg, seine selbstbezeugte Unentbehrlichkeit und seinen Wohlstand demonstrieren. Scheibler kehrt den patriarchalischen Gedanken heraus und wählte deshalb für sein Haus eine Synthese der spätbarocken Bauaufgabe Stadtpalais, bürgerliche Wohnarchitektur und Fabrikationsgebäude, dem Strenge und Nüchternheit zugehören."

Beginnen wir unseren Rundgang zur Monschauer Tuchmachergeschichte also im stattlichen Roten Haus, das um 1760 erbaut wurde. Es bietet sowohl höchst repräsentative Wohn- als auch Fabrikationsräume. Im geräumigen Mansarddach wurde die wertvolle Wolle gelagert. Sie gelangte durch einen Schacht in die Keller, wo sie gewaschen und gefärbt wurde. Eine Treppe im Foyer, die dem Roten Haus ein fast schlossartiges Ambiente verleiht, zeigt als Verzierung in 21 Kartuschen alle wesentlichen Schritte der Tuchherstellung vom Waschen der Wolle bis hin zum Abtransport des fertigen Tuchs - allerdings im Stile der Zeit von Putten dargestellt.

Der wesentliche Unterschied der Tuchherstellung im großen Stil gegenüber der herkömmlichen Wolltuchherstellung lag darin, dass man für die Produktion feiner Tuche auch feine Wolle aus dem fernen Spanien statt der groben Eifelwolle verwandte. Schon 1718 hieß es, Monschau "bestehet aus lauter Wulleweberey, welches Gewerbe und Manufaktur von Tag zu Tag mehr zunimbt, und werden ziml. feine Tücher aus Spanis. Wolle gemacht."

Der ganz große Aufschwung kam mit Johann Heinrich Scheibler (1705-1765), der schon als 18jähriger die Leitung der Tuchfabrik seines Schwiegervaters übernahm und produzierte wie die anderen Feintuchproduzenten der Aachener Region einfarbiges, im Stück gefärbtes Tuch. Doch bald wurde ihm klar, dass er größere Märkte nur mit besonders modischen, dass hieß damals gemusterten Stoffen erobern konnte. Er spürte die neusten Trends des Rokoko auf, entwickelte besonders "geflammte" und ganz leichte und feine Tuche und baute Verkaufsbeziehungen in ganz Europa und Vertretungen im Mittelmeerraum auf, von wo der Levantehandel nach Nordafrika und Kleinasien betrieben wurde.

Die Wollwäsche und das Färben der Wolle übernahm der Fabrikant im eigenen Betrieb, spinnen und weben ließ er in Heimarbeit in den armen Dörfern der engeren und weiteren Umgegend. Die Schlussbehandlung wurde wiederum zentral in Räumen des Unternehmers vorgenommen. Eine besondere Rolle für die weiche, fast samtige Oberfläche spielte dabei das sorgfältige Scheren des Tuchs, das mehrmals wiederholt wurde. Es sollen auf einen Weber etwa drei bis vier Scherer gekommen sein.

Mit den Arbeitern selbst gab es zwischenzeitlich erhebliche Konflikte. Die zugezogenen Scherer versuchten den ihnen selbstverständlich Zunftzwang durchzusetzen, was zu tumultartigen Auseinandersetzungen führte. Ebenso kam es immer wieder zu Konflikten zwischen den einheimischen und den zugezogenen Scherern. Das alles konnte aber den steilen Aufstieg des Scheiblerschen Betriebs nicht aufhalten, zumal der willensstarke Unternehmer es immer wieder verstand, seine Vorstellungen durchzusetzen.

Adresse:
Roten Haus
Laufenstr. 10
52156 Monschau

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